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Leben

Hospiz in Berlin-Köpenick

»Sterben ist zunächst Leben. Und: Das Leben ist schön! Das sollte es tatsächlich bis zum Schluss sein. Um den Sterbenden auch in ihren letzten Wochen oder Tagen ein beziehungs- und bindungsorientiertes Leben zu ermöglichen, müssen wir uns bedingungslos auf sie einlassen. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar.«
Prof. Dr. med. Stefan Kahl, Chefarzt für Innere Medizin an der DRK Klinik Berlin-Köpenick,
Initiator des Hospizes Köpenick und Vorsitzender des Hospiz-Fördervereins

Kontext

Wir leben in einer Zeit, in der der Tod allgegenwärtiger ist als sonst. Viele Menschen mussten ohne ihre Angehörigen auf überlasteten Intensivstationen sterben, oftmals ohne eine umfassende palliative Betreuung. Die Pandemie hat uns mit der Frage konfrontiert, was es bedeutet, würdevoll zu sterben. Das DRK-Hospiz in Berlin-Köpenick versucht, darauf Antworten zu finden.

»Betroffenheit schweißt die Menschen zusammen.«
Alexander Gyalokay, Architekt
Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten

Welche Bedürfnisse haben Menschen, wenn ihr Leben sich dem Ende zuneigt? Es ist die Zeit der Rekapitulation, der letzten Gespräche und des Abschieds. Manche sehnen sich nach Rückzug, andere brauchen die Gesellschaft anderer Menschen, und viele brauchen beides. Im DRK-Hospiz Berlin-Köpenick sind die Zimmer um einen großen, offenen Gemeinschaftsbereich herum gruppiert. Dieser Aufteilung des Gebäudes liegt der Gedanke einer temporären Wohngemeinschaft zugrunde, in der die Menschen sich frei bewegen und begegnen können, um ihre letzten Tage und Wochen miteinander zu teilen. Gleichzeitig hilft die klare Struktur des Gebäudes den Bewohnern dabei, sich zuverlässig zu orientieren.

»Das Zentrum des Hospizes ist ein großer Tisch, an dem man sich jederzeit treffen kann. Daneben gibt es eine Fernsehecke, in der oft Fußball geschaut wird, einen gemeinsamen Innenhof für die frische Luft abseits der Außenwelt oder die Möglichkeit, die Küche selbstständig zu nutzen, um zum Beispiel zu backen. Das Hospiz soll sich anfühlen wie ein Zuhause.«
Alexander Gyalokay, Architekt
Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten

Konzept

Im Kontrast zum offen gehaltenen Gemeinschaftsbereich sind die Zimmer als individuelle Rückzugsorte konzipiert. Jedes der insgesamt 16 Zimmer verfügt über eine ebenerdige Terrasse, die den Raum in die umliegende Natur hinein verlängert. Die Terrassen sind mit beweglichen Elementen aus Holzlamellen verkleidet, die – je nachdem, ob geöffnet oder geschlossen – verschiedene Level an Privatsphäre ermöglichen. Auf diese Weise reagiert die Konzeption des Wohn- und Lebensraumes sensibel auf die verschiedenen Bedürfnislagen der Sterbenden. Ihnen wird einerseits ein Ort gegeben, an dem sie ungestört mit ihren Angehörigen kommunizieren können, andererseits ermöglicht ihnen das Hospiz den Anschluss an die Gemeinschaft und an die Außenwelt.

Die Gestaltung des Gebäudes steht in einem bewussten Gegensatz zu der flurartigen, funktionalen Organisation eines Krankenhauses. Durch den großzügigen Einsatz von Holz im Außen- und Innenbereich bettet sich das Gebäude sensibel in seine Umgebung ein und schafft gleichzeitig eine warme Atmosphäre der Geborgenheit. Es bietet Räume des Rückzugs, lädt aber durch offen gestaltete Gemeinschaftsflächen auch zu einem informellen Miteinander ein. Über große Fenster werden Verbindungen zur Außenwelt geschaffen. Denn entgegen einer weit verbreiteten Behauptung muss in der Welt, die wir uns vorstellen und für die wir bauen, nicht jeder für sich allein sterben.