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Substanz

Baustelle
Innovationszentrum FUBIC, Berlin

Daten

Umbau ehemaliges US-amerikanisches Militärkrankenhaus zum Technologie- und Gründerzentrum

CO₂-neutrale Energieversorgung durch NUR-Stromkonzept
3.500 t CO₂-Einsparung

28.900 m² BGF
02/2023 Baubeginn

Im Südwesten Berlins entsteht in unmittelbarer Nähe der Freien Universität und weiteren außeruniversitären Forschungseinrichtungen ein neues Innovationszentrum für technologieorientierte Start-Ups und junge Unternehmen. Neugründungen und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sollen an diesem Standort unterstützt und gefördert werden. Inkubator des neuen 50.000 m² großen Campus wird ein ehemaliges amerikanisches Militärkrankenhaus sein, das dafür kernsaniert und um zwei Vollgeschosse aufgestockt wird.

Die Energieversorgung des Innovationszentrums erfolgt als NUR-Stromprojekt ausschließlich über erneuerbare Energien. Dazu leisten die Photovoltaik-Anlagen auf Dach und Fassade einen wesentlichen Beitrag. In die Gesamtanlage wurden ein großer Batteriespeicher und vier unterirdische Eisspeicherbauwerke als energetische Puffer zur Spitzenlastabdeckung integriert. Damit erweist sich das FUBIC als Vorzeigeprojekt für zukunftsorientiertes, ressourcenschonendes Bauen im Bestand.

Bauen im Bestand: 3.500 t CO₂-Äquivalente einsparen

Wert erhalten

Wie können wir endliche Ressourcen im Kreislauf mehrfach nutzen? Dieser und anderen Fragen stellte sich das Projektteam bei der Errichtung des Innovationszentrums FUBIC in Berlin-Dahlem. Für den Umbau zum Innovationszentrum im Südwesten Berlins werden durch den Erhalt der alten Bausubstanz rund 3.500 t CO₂ eingespart. In Alternativen konnte dargelegt werden, welche Umbauvariante die beste Kosten-Nutzen-Relation aufweist. Dazu wurden bereits in der Vorplanung anhand des BIM-Modells jeweils vertiefte Kostenschätzungen erstellt. Das Beispiel zeigt in Bildern eindrucksvoll, welche Qualität im Bestand liegt.

»Durch die frühzeitige Eingabe der Bestandskonstruktion in unser BIM-Modell konnten wir einen plausiblen Nachweis der ersparten CO2-Aufwendungen gegenüber einer Neubaulösung mittels modellbasierter Berechnung führen.«
Christian Pelzeter, Partner
heinlewischer
Entwicklung von 2D zu 3D: Bauablaufplanung am BIM-Modell

Vorrausschauen

Gerade beim Bestandsumbau ist eine vorausschauende Auseinandersetzung mit dem Bauablauf erforderlich. Komplexe Abläufe über mehrere Ebenen lassen sich im 3D-Modell so visualisieren, dass die Kommunikation mit allen Planungs- und Baubeteiligten verbessert wird, insbesondere den bauausführenden Firmen.

»Bauen, insbesondere im Bestand, ist immer eine Teamleistung. Eine gelingende Kommunikation zwischen allen an Planung und Bau Beteiligten ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Das BIM-Modell ist dafür ein hervorragendes Werkzeug.«
Carl von Jagwitz, Projektleiter
heinlewischer

Die 3D-Visualisierungen erlauben einen kontinuierlichen Abgleich der tatsächlichen baulichen Abfolge als Soll-Ist-Darstellung. Durch die Entkernungs- und Schadstoffsanierungsmaßnahmen wird die tragende Gebäudestruktur sukzessive freigelegt. Es erfolgt eine baubegleitende Vermessung des Gebäudes, die laufend in das 3D-Modell eingepflegt wird. Die Planung muss in Teilbereichen über alle Fachdisziplinen hinweg parallel zur Bauausführung kontinuierlich angepasst werden. Bei einer solchen Dynamik sind Agilität und Flexibilität gefragt. Das BIM-Modell bietet dabei auch in der baubegleitenden Planungsanpassung für alle Fachplanerinnen und -planer eine einheitliche Grundlage.

Hut ab – Hut auf

Aufstocken

Für die Umsetzung des städtebaulichen Entwurfes und die Unterbringung der geplanten Labornutzung werden zwei Vollgeschosse aufgestockt. Diese sind in der Fassade ablesbar und erhalten eine umlaufende Photovoltaik-Fassade, die sich gestalterisch deutlich von der Blechfassade im Bereich der Bestandskubatur abhebt. Um die neuen Geschosse funktional angemessen zu integrieren, wurden vor Beginn der Aufstockung die vorhandenen Technikzentralen sowie die komplette nichttragende Dachdecke zurückgebaut.

Stelzen auf Handtuch

Gründen

Im Spezialfall des Innovationszentrums FUBIC mussten aufgrund der höheren Lasten, die bei einem Forschungsgebäude im Vergleich zu einem Krankenhaus auftreten, neue tragende Strukturen integriert werden.

Ein ausgeklügeltes versetztes Tragsystem erfüllt diese Anforderungen. Dabei wurden die Stützen der unteren Geschosse in der darüberliegenden Ebene zu Scheiben erweitert, auf denen wiederum zwei weitere Stützen stehen: Stützen auf Scheiben oder Stelzen auf Handtuch. Diese Konstruktion, die einem T-Verteiler ähnelt, ermöglicht dem bestehenden Tragwerk das sichere Aufnehmen und Abfangen der Lasten der neu hinzugekommenen oberen Stützen.

Kathedrale der Technik

Platz schaffen

Der Gebäudeentwurf sieht eine Nutzung des Daches für Grünflächen und Photovoltaik vor. Dies bedeutet, auf das Aufstellen von Technikaufbauten auf dem Dach weitgehend zu verzichten. Die Technikzentrale des hochinstallierten Forschungsgebäudes wird daher in den vorhandenen Kellergeschossen untergebracht. Um die notwendige Raumhöhe für die Aufstellung der großen Lüftungsgeräte zu erreichen, wurde der Rückbau einer Geschossdecke notwendig. Um ein Ausknicken der vorhandenen Stützen zu vermeiden, wurden diese mit Spritzbeton ertüchtigt.

Unerwartetes planen und unerwartetes Planen

Überraschen

Das »unerwartete Planen« heißt oft, vom Unerwarteten zu profitieren, umzuplanen und in der Substanz Schätze zu entdecken oder über die mit der Substanz verbundenen Zwänge unkonventionelle Lösungen zu finden, zu denen wir sonst nie gelangt wären: Beim Bauen im Bestand begegnen uns viele unvorhersehbare Herausforderungen, die nicht nur bewältigt werden müssen, sondern als Chancen genutzt werden können. Im aktuellen Fall des ehemaligen Krankenhauses, das in ein hochinstalliertes Forschungslabor umgebaut wird, zeigt sich dies deutlich.

»Bauen im Bestand lohnt sich – in ökologischer wie ästhetischer Sicht: Eine neue Ästhetik prägt nachhaltig im Bestand umgesetzte Projekte.«
Christian Pelzeter, Partner
heinlewischer
»Bauen im Bestand heißt immer, mit dem unerwarteten Element umzugehen. Wir hatten einen Gipsputz, den wir nicht weiternutzen konnten. […] Was zum Vorschein gekommen ist, ist eine für Architektinnen und Architekten wunderschöne Betonoberfläche: Wir haben hier ein aus der Not heraus geborenes Element, aus dem sich eine gestalterische Qualität entwickelt.«
Carl von Jagwitz, Projektleiter
heinlewischer
»Schluss mit Abriss: Warum die Baubranche auf graue Energie setzt.«
Thadeus Parade stand für ZDF heute im Gespräch mit Carl von Jagwitz.
»Ein intelligentes Energiemanagementsystem steuert und optimiert im FUBIC alle Prozesse. [...] Doch auch zukünftige Mieterinnen und Mieter spielen eine große Rolle. Sie können mit ihrem Verhalten wesentlich zur Energieeffizienz des Gebäudes beitragen. Ihre Einbindung ist deswegen ein wesentlicher Baustein des Projektes. [...] Das Projekt wird gleichzeitig wissenschaftlich erforscht. Nach Abschluss soll es als zukunftsweisendes Vorbild für die klimaneutrale Versorgung weiterer Quartiere dienen.«
WISTA Management GmbH