»Die Arbeit am DKFZ – die Methoden der Forschung, der Diagnose und der Therapie – werden sich in den kommenden Jahren verändern und weiterentwickeln. Neue Ideen und Methoden, der Einfluss von künstlicher Intelligenz und die Entwicklung neuer Geräte werden Auswertungsergebnisse vervielfachen, Prognosen werden schärfer, Therapien noch zielgerichteter.«
Hanno Chef-Hendriks, Architekt
Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten
Forschung ist die Triebfeder des menschlichen Fortschritts. Das gilt insbesondere für die medizinische Forschung, die nach wie vor zu einem kontinuierlichen Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung in fast allen Ländern dieser Welt beiträgt. Und auch in der Krebsforschung werden die Forschungs- und Behandlungsmethoden komplexer und effektiver: Nach einer Krebsdiagnose leben Patienten heute etwa sechsmal länger als noch vor circa 40 Jahren. [1]
Das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ) ist ein renommierter Standort für die multidisziplinäre Erforschung von Krebs und seiner Behandlung. Das 1964 gegründete Institut beschäftigt derzeit annähernd 1.400 Wissenschaftler und setzt sich aus über 90 Abteilungen und Forschungsgruppen zusammen. Mit dem Neubau des Forschungs- und Entwicklungszentrums für Bildgebung und Radioonkologie entstehen durch die direkte Verbindung der Aufgabenbereiche Forschung, Diagnose und Behandlung einzigartige Chancen im Kampf gegen Krebserkrankungen. In dem Gebäude arbeiten Radiologen, Nuklearmediziner, Strahlentherapeuten, Physiker, Mathematiker, Informatiker, Ingenieure, Chemiker und Biologen interdisziplinär an der Weiterentwicklung moderner Bildgebungsverfahren, der Interpretation bildgebender Untersuchungsmethoden durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und der Evaluation strahlungsbasierter Therapiemethoden.
[1] www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/grundlagen/krebsstatistiken.php
»Wir wollen den Besten auch das Beste bieten: Das Deutsche Krebsforschungszentrum bewegt sich in der Spitzengruppe der internationalen biomedizinischen Forschung. Um diesen Status zu erhalten und auszubauen, unternehmen wir große Anstrengungen, die renommiertesten Experten und brillantesten Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt an unser Haus zu verpflichten.«
Prof. Dr. Josef Puchta,
Administrativ-kaufmännischer Vorstand des
Deutschen Krebsforschungszentrums von 1996 bis 2019
Kontext
Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg wurde in den 60er Jahren initiiert, um die unterschiedlichen an der Krebsforschung beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen »unter einem Dach« zusammenzufassen und ihnen räumlich wie technisch adäquate, zukunftssichere Arbeitsmöglichkeiten zu bieten. Die Erstellung einer »Ersten Betriebsstufe« erfolgte nach einer Planungs- und Bauzeit von 15 Monaten zwischen 1963 und 1964. Dieser Auftrag markiert den Beginn der bis heute andauernden Zusammenarbeit zwischen dem DKFZ und Heinle, Wischer und Partner, die zunächst mit der Realisierung des Hauptgebäudes im Jahr 1972 fortgesetzt wurde. Weitere Neubauten folgten.
Nach 30 Jahren intensiver Nutzung war die Möglichkeit räumlicher Anpassung im DKFZ jedoch ausgereizt. Im intensiven Dialog zwischen Auftraggeber und Architekt entstand 1999 aus einer neu formulierten Zielsetzung heraus der Masterplan, der die Grundlage für die heute erreichte bauliche Entwicklung bildet: Im Hauptgebäude wurde der Sanierungsbedarf als Chance gesehen, das Gebäudekonzept völlig neu zu denken. 2008 entstand der Neubau für einen 7-Tesla-Hochfeldtomographen, der den Krebsforschern eine Bildinformationsqualität ermöglicht, die bis in die Ebene kleinster anatomischer Strukturen von Tumoren reicht. 2019 schließlich konnte die funktionale Nachfolge der Radiologie, das Forschungs- und Entwicklungszentrum für Bildgebung und Radioonkologie, auf einem neuen Baufeld realisiert werden.
1
Neubau Büro- und Laborkomplex
Betriebsendstufe
1966 – 1972
2
Neubau Kommunikationszentrum
1986 – 1989
3
Neubau Harald zur Hausen
Laboratorien Institut für
Angewandte Tumorvirologie
1986 – 1992
4
Aufstockung des Hochhauses und
Laborumbau
1994 – 1997
5
Neukonzeption und Sanierung
Hochhaus und Dokumentation
2004 – 2010
6
Neubau Forschungsgebäude 7-
Tesla-Hochfeldtomograph
2006 – 2008
7
Neubau Zentrum für Präklinische
Forschung (Tierlabor)
2010 – 2013
8
Neubau Forschungs- und
Entwicklungszentrum für
Bildgebung und Radioonkologie
2012 – 2019
9
Studie für den Neubau des
Forschungs- und
Entwicklungszentrums für
Radiopharmazeutische Chemie
2016
»Wissenschaft und Forschung gedeihen am besten, wenn Menschen die Möglichkeit haben, zusammen zu kommen und miteinander zu sprechen. Darum haben wir in dem Gebäude eine offene Kommunikationsachse mit zwei großen, lichtdurchfluteten Hallen geschaffen, die sowohl als Eingangsbereich, aber auch als Treffpunkt und Aufenthaltsraum fungieren.«
Hanno Chef-Hendriks, Architekt und Partner
Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten
Umsetzung
Die Nutzung des Gebäudes für innovative Forschung, Untersuchung und Behandlung zieht spezielle, teils ambivalente Anforderungen an seine Innen- und Außengestaltung nach sich. Dementsprechend erfüllt das Gebäude eine repräsentative Funktion, ermöglicht effiziente Forschung und berücksichtigt gleichzeitig die Bedürfnisse des regulären Patientenbetriebs.
Zwei große Lichthöfe leiten das Tageslicht bis in die Untergeschosse und vermitteln dem Besucher Zugänglichkeit, Orientierung und Transparenz. Die große, offene Treppe, die bis in die Patientenbereiche im 2. Untergeschoss hinunterführt, ermöglicht auch dort noch den Aufenthalt bei Tageslicht und schafft damit eine angenehme Aufenthaltsqualität für Patienten und Mitarbeiter. Der großzügige Einsatz von Glas innerhalb des Gebäudes suggeriert Transparenz und Offenheit, gleichzeitig stellen die fast bodentiefen Glasfassaden eine Verbindung zu der umliegenden Landschaft der Kurpfalz her.
Die flexible Gebäudestruktur passt sich den Entwicklungen im Bereich der radiologischen Forschung dynamisch an. Auf diese Weise ist es möglich, den Austausch der tonnenschweren medizinischen Großgeräte ohne umfangreiche bauliche Veränderungen und Störungen des Forschungsbetriebs direkt von außen über die demontierbaren Fassadenelemente durchzuführen.
Über die lichten Atrien werden Zugänglichkeit, Orientierung und Transparenz vermittelt. Eine breite Treppe mit Sitzstufen führt vom Erdgeschoss bis in das zweite Untergeschoss und dient gleichermaßen auch als Auditorium.
Die dynamische Grundstruktur der Gebäudemodule ermöglicht die permanente, flexible Anpassung an veränderte Funktionen und Prozesse. So können auch die Gebäudegeschosse mit ihren unterschiedlichen Belegungsmöglichkeiten zukünftige Entwicklungen aufnehmen.
Die Fassade des Gebäudes besteht teilweise aus herausnehmbaren Großelementen, die den einfachen Austausch der oft tonnenschweren Großgeräte ermöglichen.