Amtsgericht Tschenstochau, Polen
Unabhängig und transparent
Das südwestlich von Warschau gelegene Tschenstochau ist mit 220.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Woiwodschaft Schlesien. Jedes Jahr kommen mehrere Millionen Menschen hierher, um das größte Marienheiligtum Mitteleuropas und zugleich wertvollste Nationalheiligtum Polens – die Ikone der Schwarzen Madonna im Paulinerkloster auf dem Jasna Góra (Heller Berg) – zu besuchen.
2015 wurde ein Architektenwettbewerb für ein neues Gerichtsgebäude im Norden der Stadt ausgeschrieben, den das Breslauer Büro von heinlewischer gewann. Im September 2018 begannen die Bauarbeiten, zum Jahresende 2023 wurde der Neubau fertiggestellt. Nach dem Einzug der 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das Haus seit April 2024 geöffnet und nun Sitz des Arbeits- und Familiengerichtes, des Grundbuchamtes sowie der Straf- und Strafvollstreckungskammern.
Der Neubau erhebt sich als kompakter Baukörper mit quadratischem Grundriss und fünf oberirdischen Geschossen als gut sichtbare Landmarke in der Stadt. Durch seine Größe und Höhe signalisiert er die besondere gesellschaftliche Bedeutung und Unabhängigkeit der Institution und – mit dem deutlich akzentuierten Haupteingang, der das Gebäude zu einem repräsentativen, begrünten Vorplatz öffnet – gleichzeitig Vertrauen und Transparenz.
Im Inneren gruppieren sich dreißig Gerichtssäle um ein zentrales, glasüberdachtes Foyer mit Galerien und einer skulpturalen Freitreppe. Vier Lichtatrien versorgen die Verhandlungssäle mit Tageslicht. An der Außenfassade liegen umlaufend die Büros der Richter und Staatsanwälte. Diese Gebäudeorganisation ermöglicht getrennte Erschließungswege für das Personal und eine einfache Orientierung für die Bürgerinnen und Bürger.
Den Anspruch an Solidität und Sicherheit verkörpert die in zwei Ebenen aufgebaute, rhythmisch subtil gegliederte Fassade mit ihren hellen, geschosshohen Sichtbetonelementen. Der leichte Versatz der beiden Fassadenebenen schränkt den Blick ins Gebäudeinnere ein und öffnet den Raum ebenso nach außen. Die vertikalen Fassadenelemente schützen das Gebäude zudem vor übermäßiger Sonneneinstrahlung.
Die zurückhaltende Farbgebung der Fassade setzt sich in der Gestaltung der Innenräume fort. Hier werden die Grau- und Weißtöne der Materialien Glas, Sichtbeton, Aluminium und Keramik durch warmes, natürliches Holz ergänzt. In die Galeriebrüstungen vor den Gerichtssälen wurden Nischen mit Sitzgelegenheiten integriert. Die Wände der Verhandlungssäle sind mit Holzvertäfelungen versehen, die eine beruhigende Atmosphäre erzeugen.